Der
erste Workshop krankte an einem Mangel, der sich auf fast allen Branchenveranstaltungen zeigt: Man redet über das Publikum, aber nicht mit ihm. In der Runde, die Antworten auf die Frage suchte: «Was wollen die Medien-Nutzer:innen?» befanden sich denn auch auffällig viele Chefredaktoren – und keine 25-Jährige, die nur TikTok kennt aber nicht die BaZ. Daher resultierte als Ergebnis die Idee zu einem Laboratorium mit Unterstützung der Universität Basel. Das sollte ein «gemeinsamer Ort für Entwicklung» sein. In der Diskussionsrunde kristallisierte sich auch heraus, dass es an Medienformaten fehlt, die unterschiedliche Generationen und verschiedene soziale Gruppen gleichermassen betreffen und sie zu verbinden vermögen.
Im
zweiten Workshop ging es um geeignete Geschäftsmodelle für den Lokaljournalismus.
Schnell stellte sich die Frage: Staat oder Stiftung? Wobei es auch
Gegenstimmen gab, die zu bedenken gaben, dass alle ihren Beitrag leisten
sollen, nicht nur Staat und Stiftungen. Neben der naheliegenden Idee
einer Förderstiftung für Infrastrukturprojekte, könnte mit Stiftungsgeld
auch eine gemeinsame Plattform der Basler Medien finanziert werden, wo
sich Nutzende ihr individuelles Menu zusammenstellen können.
Grundsätzlich war man sich einig, dass jedes Medium verschiedene
Einnahmequellen braucht. Mit Blick in die Zukunft heisse das, dass neben
Einkünften aus Abo und Werbung «zusätzliche hybride Geldquellen
erforderlich» würden.
Dass in der Stiftungsmetropole Basel die Stiftungen eine wichtigere Rolle spielen als anderswo zeigte sich auch an
Workshop Nummer drei.
Hier ging es samt und sonders um die Rolle, die Stiftungen bei der
Finanzierung des Lokaljournalismus spielen könnten. Im Zentrum stand die
Idee einer Stiftungskooperation oder eines Fonds als Förderstruktur,
die aus verschiedenen Quellen alimentiert würden. Über eine
Realisierbarkeit gingen die Meinungen diametral auseinander: Eine solche
Überstruktur wird es nie geben, hiess es auf der einen, natürlich ist
das möglich, Beispiele in anderen Bereichen zeigen, dass Kooperationen
unter Stiftungen funktionieren, hiess es auf der anderen Seite. Auch bei der Frage, wie denn ein Fonds genau finanzieren würde, war man sich
nicht einig und präsentierte eine breite Palette an Möglichkeiten.
Stiftung
oder eben Staat? Die zweite Option hatte am Basler Medientag nach dem
klaren Votum von Regierungsrat Sutter gegen kantonale Mediensubventionen
einen Dämpfer erhalten hat. Dennoch befasste sich
Workshop vier mit der Frage, wie ein staatlich (mit)finanziertes Fördermodell für
Journalismus aussehen könnte. Anders als im Workshop zur
Stiftungsfinanzierung war man sich in dieser Gruppe schnell einig. Mit
fünf bis zehn Millionen Franken pro Jahr liesse sich über zehn Jahre
hinweg zehn Ausbildungsplätze in Basler Medien finanzieren.
Ebenso schnell wie in der Arbeitsgruppe zur Rolle des Staats war man sich im
Workshop fünf
zur Kulturberichterstattung einig. Hier ging man der Frage nach: Mit
welchen Modellen kann das breite Angebot der Kulturschaffenden weiterhin
öffentliche Resonanz finden? Als mögliche Antwort skizzierten die
Teilnehmenden eine Kulturagentur, vergleichbar mit einer
Nachrichtenagentur. Ein Pool freier Medienschaffender berichtet über
Kulturveranstaltungen und bietet die Beiträge verschiedenen Medien zur
Publikation an. Was auf den ersten Blick nach einer einfachen Antwort
aussieht, wirft aber weitere Fragen auf. Wer zahlt? Und vor allem: Wer
will das? Gerade in einem lokalen Markt, wo sich die Titel mit ihrer
Berichterstattung voneinander abgrenzen wollen, dürfte ein und dieselbe
Agenturmeldung zu einem lokalen Kulturanlass nicht auf breites Interesse
stossen. Und überhaupt: Um welche Beiträge ginge es? Nur Text oder auch
Audio und Video? Fragen über Fragen.
Der
beste Journalismus bewirkt nichts, wenn er nicht zu seinem Publikum
findet. Das geschieht heute vermehrt via Social Media. Ein
sechster Workshop befasste sich deshalb mit der Frage, wie Lokaljournalismus auf Social
Media funktioniert. Im Gegensatz zu den anderen Workshops kamen aus
dieser Gruppe keine konkreten Vorschläge und Modelle. In einem Punkt
herrschte indes Einigkeit, was die Aktivitäten auf Social Media angeht:
Entweder man macht es richtig oder man lässt es bleiben.
In
der abschliessenden Plenumsdiskussion zu den Ergebnissen und Anregungen
aus den Workshops zeigte sich schnell, dass der Konsens brüchig war bei
Themen, wo man sich vordergründig einig zu sein schien. Etwa in der
Frage einer Ausbildungsoffensive. Was bringen Investitionen in neues
Personal, wenn die Arbeitsbedingungen an sich nicht attraktiv sind,
lautete die kritische Gegenfrage. Viele Praktikanten blieben nicht im
Beruf, sagte etwa eine Journalistin.
Angesichts
von so viel Uneinigkeit ertönten die Aufrufe zur Einigkeit umso lauter.
Man finde nur Lösungen, wenn alle begreifen, dass es so nicht weiter
gehen kann, gab etwa Gabi Mächler von der Programmleitung des Medientags
zu bedenken. Was auf dem Spiel steht, machte Matthias Zehnder,
Chefredaktor des Branchenmagazins Edito, noch einmal deutlich. Mit den
bisherigen Modellen steure das Schweizer Mediensystem auf eine
Finanzierungslücke zu. «Da läuft die Schweiz in ihrer Kleinräumigkeit in
ein Riesenproblem rein», sagte Zehnder. Auch Stiftungen könnten dieses
Problem nicht lösen. Dafür brauche es neue Strukturen.
Wie
vielfältig die Herausforderungen sind, vor denen die Medien stehen, ob
in Basel oder sonst wo, zeigte sich daran, dass ein Thema wie künstliche
Intelligenz am Basler Medientag nur am Rande erwähnt wurde, obwohl
dessen absehbaren Auswirkungen auf Journalismus und Medien immens sein
werden.
Um angemessene Antworten auf diese epochalen Umbrüche in der
Medienlandschaft zu finden, reicht ein Nachmittag nicht. Ob ein
Grundstein gelegt wurde für weiterführende Diskussionen wird sich dann
zeigen, wenn Teilnehmerinnen und Teilnehmer des ersten Basler Medientags
wieder zusammenfinden sollten, um weiter zu diskutieren, wo sie am
Dienstag aufgehört hatten. Das wäre auch die Absicht der Organisatoren,
dass es weitergeht. Am Ausgang konnten sich Interessierte für
Fortsetzungsdiskussionen eintragen.
Dieser Text stammt von Medienjournalist Nick Lüthi. Eine verkürzte Version erschien erstmals im persoenlich.com